Donnerstag, 27. Oktober 2016

Zivilverteidigungskonzeption 2016


Im August 2016 hat der Bundesminister des Innern die „Konzeption Zivile Verteidigung (KZV)“ vorgestellt.  So wird in dem Papier ausgeführt, Zivile Verteidigung habe „die Aufgabe, alle zivilen Maßnahmen zu planen und durchzuführen, die zur Herstellung und Aufrechterhaltung der Verteidigungsfähigkeit einschließlich der Versorgung und des Schutzes der Bevölkerung erforderlich sind“. Hierzu gehöre im Einzelnen unter anderem, „die Streitkräfte bei der Herstellung und Aufrechterhaltung ihrer Verteidigungsfähigkeit und Operationsfreiheit zu unterstützen“. Planungsvorgaben, die aus „strategischen und konzeptionellen Vorgaben der NATO“ resultieren, „fließen auf allen Ebenen in die Planungen der Fachressorts ein“, wird in der Konzeption gefordert.

Planungen, Vorbereitungen und Durchführungsmaßnahmen der Zivilen Verteidigung sind durch das Bundesministerium des Innern (BMI) zu koordinieren, soweit sie einer über die Aufgabenbereiche der einzelnen Ressorts hinausgehenden Abstimmung bedürfen. Die Konzeption soll die Grundlage für die künftige ressortabgestimmte Aufgabenerfüllung im Bereich der Zivilen Verteidigung bilden. Darüber hinaus hat das Bundesministerium des Innern einen Gesamtüberblick über die Planungen, Vorbereitungen und Durchführungsmaßnahmen der Ressorts zu führen.

Die vom Kabinett beschlossene KZV wurde im Vorfeld entsprechend der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien abgestimmt. Eine Mitzeichnung erfolgte durch die obersten Bundesbehörden, die Kernaufgaben im Rahmen der Zivilen Verteidigung zu erfüllen haben. Dies sind die Bundesministerien für Wirtschaft und Energie, der Finanzen, für Arbeit und Soziales, für Ernährung und Landwirtschaft, der Verteidigung, für Gesundheit, für Verkehr und digitale Infrastruktur, sowie für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit sowie die Deutsche Bundesbank. Daneben haben das Auswärtige Amt und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mitgezeichnet. Die Bundesministerien für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, für Bildung und Forschung, für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien wurden vor der Kabinettbefassung informiert.

 Die militärische Verteidigungsfähigkeit eines Staates hat unmittelbaren Einfluss auf die Wirksamkeit der Zivilverteidigung zum Schutz der Bevölkerung. Damit hängt in entsprechenden Lagen der Schutz der Bevölkerung durch die Zivilverteidigung unmittelbar vom Erfolg einer militärischen Verteidigung ab. Militärische Verteidigung und Zivile Verteidigung sind dabei organisatorisch eigenständig, stehen jedoch als Gesamtverteidigung eines Staates und seiner Bevölkerung in einem unauflösbaren Zusammenhang. Die im integrierten Hilfeleistungssystem nach Bundes- oder Landesrecht den Hilfsorganisationen zugewiesenen Aufgaben zur Hilfe für die Zivilbevölkerung stehen dabei gleichrangig neben den Aufgaben zur Unterstützung der Streitkräfte. Das Deutsche Rote Kreuz, die Johanniter-Unfall-Hilfe und der Malteser Hilfsdienst nehmen als freiwillige Hilfsgesellschaft die Aufgaben wahr, die sich aus den Genfer Rotkreuz-Abkommen von 1949 und ihren Zusatzprotokollen ergeben. Dazu gehört insbesondere die Unterstützung des Sanitätsdienstes der bewaffneten Streitkräfte im Sinne des Artikels 26 des Ersten Genfer Abkommens von 1949. Dies entspricht dem Selbstverständnis und der völkerrechtlichen Verpflichtung der genannten Organisationen.

Die Versorgung der Zivilbevölkerung, der Streitkräfte und der Staats- und Regierungsorgane steht in der KZV und den gesetzlichen Vorgaben (siehe zum Beispiel Abschnitt 7.1 der KZV und § 6 Absatz 3 der Verordnung über die Feststellung und Deckung des Arbeitskräftebedarfs nach dem Arbeitssicherstellungsgesetz – ArbSV, § 12 Absatz 1 des Gesetzes über die Bevorratung mit Erdöl und Erdölerzeugnissen – ErdölBevG, § 1 der Verordnung zur Sicherstellung des Eisenbahnverkehrs – EVerkSiV, § 1 der Verordnung zur Sicherstellung des Luftverkehrs – Luft-VerkSiV, § 1 Absatz 1 des Gesetzes zur Sicherstellung des Verkehrs – VerkSiG) ausdrücklich gleichrangig nebeneinander.

 In der Bundesrepublik Deutschland hat sich die Versorgung der Bevölkerung durch die privatwirtschaftlich organisierte Wirtschaft als stabil und zuverlässig erwiesen. Dessen ungeachtet sind Ereignisse, die zu Störungen oder Ausfällen der gewohnten Versorgungsabläufe führen können, nicht auszuschließen. Die Bundesregierung lässt jährlich szenario-basierte Risikoanalysen erstellen, die Aufschluss über potentielle Gefahren und deren mögliche Auswirkungen u. a. auf die Versorgung mit Lebensmitteln geben und dem Bundestag zur Kenntnis gegeben werden. Wie die Ergebnisse der Risikoanalyse Bevölkerungsschutz Bund zeigen, müssen Szenarien wie der Ausfall der Stromversorgung, Erkrankungswellen und die Freisetzung von radioaktiven Stoffen als mögliche Risiken der Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln in Betracht gezogen werden, wenngleich die Eintrittswahrscheinlichkeit als gering einzustufen ist. Entsprechend muss sich die Vorsorgeplanung ausrichten. Die Vorsorgeplanung zur Sicherung der Lebensmittelversorgung beruht gemäß Grundprinzipien und strategischen Schutzzielen der KZV sowie dem Grundgedanken des § 1 des Gesetzes über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes (ZSKG) auf drei Komponenten. Dies sind zunächst die eigenen Schutzvorkehrungen der Lebensmittelwirtschaft, staatliche Maßnahmen wie z. B. die bundeseigene Nahrungsmittelreserve sowie Vorsorgemaßnahmen der Bevölkerung in Form eines individuellen Lebensmittelvorrats im Haushalt für einen Zeitraum von 10 Tagen. Die KZV stellt bewusst auf einen „individuellen“ Vorrat ab, da der Vorrat den jeweiligen persönlichen Ernährungsgewohnheiten und Ernährungserfordernissen entsprechen sollte. In diesem Zusammenhang sind die vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) schon seit vielen Jahren herausgegebenen Empfehlungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Vorrats als Beispiel für einen sinnvoll zusammengestellten Grundvorrat zu verstehen, der mit ca. 2 200 kcal pro Tag den in der Regel erforderlichen Gesamtenergiebedarf abdeckt. Im Beispiel sind die ausgewiesenen Vorratsmengen auf eine Reichweite von 14 Tagen ausgelegt; dieser Zeitraum orientiert sich nicht an dem vorgenannten 10-Tages-Zeitraum als Ausfalldauer, sondern an einer die eigene Unabhängigkeit sowohl in der Beschaffung von Nahrungsmitteln als auch in der Auswahl und Zusammensetzung der Ernährung sichernden privaten Vorratshaltung.
 
Hinsichtlich weitergehender Informationen zur Lebensmittelbevorratung im Haushalt verweist das BBK auf das Internetportal des Bundesministeriums für Ernährung- und Landwirtschaft www.ernaehrungsvorsorge.de. Das Informationsportal zur Ernährungsvorsorge steht interessierten Bürgerinnen und Bürgern bereits seit dem Jahr 2004 zur Verfügung. Sie können dort u. a. mittels eines Vorratskalkulators (www.ernaehrungsvorsorge. de/private-vorsorge/notvorrat/vorratskalkulator/) detaillierte Beispiellisten mit handels- und haushaltsüblichen Lebensmitteln zur Bevorratung abrufen, so z. B. für eine Bevorratungsreichweite von 10 Tagen entsprechend KZV-Empfehlung.


Die in der KZV beschriebene Eigenvorsorge richtet sich allgemein an die Bevölkerung und ist – in Übereinstimmung mit § 1 ZSKG – als ein zusätzliches, die staatlichen Maßnahmen unterstützendes Element der Krisenvorsorge ausgestaltet. Konkrete Pflichten oder Obliegenheiten, die zwingend höhere Verbrauchsausgaben bedingen, regelt das Konzept dagegen nicht. Daher ist eine Anpassung existenzsichernder Leistungen – da sie allein der gegenwärtigen Bedarfsdeckung dienen – nicht geboten. Entscheiden sich Haushalte, die Empfehlungen der KZV zur Eigenvorsorge nicht umzusetzen, oder sind sie hierzu finanziell nicht in der Lage, so ist es dennoch Aufgabe des Staates, bei Versorgungskrisen ursachenunabhängig den lebensnotwendigen Bedarf der gesamten Bevölkerung sicherzustellen. Entscheiden sich Haushalte dafür, die Empfehlungen des KZV zur Eigenvorsorge – beispielsweise Anschaffung eines persönlichen Vorrats an Lebensmitteln – umzusetzen, so treffen sie eine privatautonome Entscheidung, inwieweit sie ihr begrenztes Einkommen und Vermögen zur Deckung aktueller, künftiger oder unsicher eintretender Bedarfslagen verwenden. Treffen Haushalte unterer Einkommensgruppen, die der Ermittlung und Festsetzung der Regelbedarfe zugrunde liegen, künftig in stärkerem Umfang als bislang die Entscheidung, Vorräte zur Eigenvorsorge anzuschaffen, so würde sich dieses geänderte Konsumverhalten auch auf die mittels Einkommens- und Verbrauchsstichprobe erhobenen regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben auswirken und könnte zu einer entsprechenden Erhöhung existenzsichernder Leistungen führen.

Entsprechend den Ausführungen in der KZV sichert die staatliche Trinkwassernotversorgung nach den Vorgaben des Wassersicherstellungsgesetzes und der zu seiner Konkretisierung erlassenen Rechtsvorschriften die Minimalversorgung mit Trinkwasser über autarke Brunnen und Quellen für mindestens 14 Tage. Dieser Zeitraum beruht auf den Annahmen, dass mit einer Teilwiederherstellung der leitungsgebundenen Wasserversorgung oder ihrer Substituierbarkeit durch andere Maßnahmen gerechnet werden kann. Ergänzend zu dieser staatlichen Notversorgung soll die Bevölkerung durch geeignete Maßnahmen angehalten werden, zur Eigen-/Erstversorgung bis zur Installation staatlicher Einzelmaßnahmen für einen Zeitraum von fünf Tagen je zwei Liter Wasser pro Person und Tag in nicht gesundheitsschädlicher Qualität vorzuhalten; hierbei geht es um Trinkwasser, mit dem der tägliche Flüssigkeitsbedarf zunächst – ohne Inkaufnahme von Besorgungsvorgängen – abgedeckt werden kann. Demgegenüber befasst sich die Ernährungsnotfallvorsorge nicht primär mit einem Ausfall des Trinkwasserversorgungsnetzes. Vielmehr geht es hier um Maß- nahmen zur Bekämpfung einer möglichen Versorgungskrise, d. h. eines Ausfalls der privaten Strukturen der Lebensmittelversorgungskette. Die in den beiden Bereichen jeweils empfohlenen privaten Vorsorgemaßnahmen stehen ergänzend zueinander. Im Rahmen der in der KZV vorgesehenen Überprüfung der einzelnen Vorschriften wird die Bundesregierung bestrebt sein, Missverständnissen aufgrund vermeintlicher Wertungswidersprüche durch entsprechende Erläuterungen vorzubeugen und bei tatsächlichen Wertungswidersprüchen die entsprechenden Empfehlungen zu harmonisieren.

 Hinweise zur Bevorratung von Futtermitteln für Haustiere sind unter www.ernaehrungsvorsorge.de/private-vorsorge/empfehlungen-tipps/allgemeineempfehlungen/ enthalten, und in der Broschüre „Katastrophenalarm“ des BBK wird auf Seite 11 auch auf den Bedarf für Haustiere hingewiesen. Dieser ist aber nicht spezifiziert, weil aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher Haus- und Nutztiere nur die Tierhalter selbst artgerechte Vorsorge planen können.

Das Bundesministerium der Verteidigung hat mit dem Deutschen Roten Kreuz eine Kooperationsvereinbarung und mit der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk sowie der Johanniter-Unfall-Hilfe Kooperationsprotokolle geschlossen, die sich auf die Zusammenarbeit im In- und Ausland beziehen

Gemäß § 23 ZSKG stellt der Bund den Ländern für die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung im Verteidigungsfall ergänzend Sanitätsmaterial zur Verfügung. Das Material kann von den Ländern für ihre Aufgaben im Bereich des Katastrophenschutzes eingeplant werden. Das bevorratete Sanitätsmaterial ist für Schadenslagen mit einer hohen Anzahl von Verletzten konzipiert, in denen es zu Engpässen in der Versorgung mit den notwendigen Arzneimitteln und Medizinprodukten kommen kann. Es deckt inhaltlich folgende Therapiebereiche ab: 

 Volumensubstitution,
 Analgesie/ Analgosedierung, 
 Chirurgische Erstversorgung/ Stabilisierung, 
 Infektionsprophylaxe, 
 Versorgung von Leichtverletzten und berücksichtigt alle Sichtungskategorien (I-lebensbedrohlich verletzt, II-schwer verletzt, III-leicht verletzt). Das Material kann sowohl in einer Klinik als auch an einem Schadensort eingesetzt werden, um 250 Patienten über einen Zeitraum von drei Tagen zu versorgen. 



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