Im August 2016 hat der Bundesminister des Innern die „Konzeption Zivile Verteidigung (KZV)“ vorgestellt. So wird in dem Papier ausgeführt, Zivile Verteidigung habe „die Aufgabe, alle zivilen Maßnahmen zu planen und durchzuführen, die zur Herstellung und Aufrechterhaltung der Verteidigungsfähigkeit einschließlich der Versorgung und des Schutzes der Bevölkerung erforderlich sind“. Hierzu gehöre im Einzelnen unter anderem, „die Streitkräfte bei der Herstellung und Aufrechterhaltung ihrer Verteidigungsfähigkeit und Operationsfreiheit zu unterstützen“. Planungsvorgaben, die aus „strategischen und konzeptionellen Vorgaben der NATO“ resultieren, „fließen auf allen Ebenen in die Planungen der Fachressorts ein“, wird in der Konzeption gefordert.
Planungen, Vorbereitungen und Durchführungsmaßnahmen der Zivilen Verteidigung
sind durch das Bundesministerium des Innern (BMI) zu koordinieren, soweit
sie einer über die Aufgabenbereiche der einzelnen Ressorts hinausgehenden
Abstimmung bedürfen. Die Konzeption soll die Grundlage für die künftige ressortabgestimmte
Aufgabenerfüllung im Bereich der Zivilen Verteidigung bilden.
Darüber hinaus hat das Bundesministerium des Innern einen Gesamtüberblick
über die Planungen, Vorbereitungen und Durchführungsmaßnahmen der Ressorts
zu führen.
Die vom Kabinett beschlossene KZV wurde im Vorfeld entsprechend der Gemeinsamen
Geschäftsordnung der Bundesministerien abgestimmt. Eine Mitzeichnung
erfolgte durch die obersten Bundesbehörden, die Kernaufgaben im
Rahmen der Zivilen Verteidigung zu erfüllen haben. Dies sind die Bundesministerien
für Wirtschaft und Energie, der Finanzen, für Arbeit und Soziales, für Ernährung
und Landwirtschaft, der Verteidigung, für Gesundheit, für Verkehr und
digitale Infrastruktur, sowie für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
sowie die Deutsche Bundesbank. Daneben haben das Auswärtige Amt und das
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mitgezeichnet.
Die Bundesministerien für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, für Bildung
und Forschung, für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und die
Bundesbeauftragte für Kultur und Medien wurden vor der Kabinettbefassung informiert.
Die militärische Verteidigungsfähigkeit eines Staates
hat unmittelbaren Einfluss auf die Wirksamkeit der Zivilverteidigung zum
Schutz der Bevölkerung. Damit hängt in entsprechenden Lagen der Schutz der
Bevölkerung durch die Zivilverteidigung unmittelbar vom Erfolg einer militärischen
Verteidigung ab. Militärische Verteidigung und Zivile Verteidigung sind
dabei organisatorisch eigenständig, stehen jedoch als Gesamtverteidigung eines
Staates und seiner Bevölkerung in einem unauflösbaren Zusammenhang.
Die im integrierten Hilfeleistungssystem nach Bundes- oder Landesrecht den
Hilfsorganisationen zugewiesenen Aufgaben zur Hilfe für die Zivilbevölkerung
stehen dabei gleichrangig neben den Aufgaben zur Unterstützung der Streitkräfte.
Das Deutsche Rote Kreuz, die Johanniter-Unfall-Hilfe und der Malteser Hilfsdienst
nehmen als freiwillige Hilfsgesellschaft die Aufgaben wahr, die sich aus
den Genfer Rotkreuz-Abkommen von 1949 und ihren Zusatzprotokollen ergeben.
Dazu gehört insbesondere die Unterstützung des Sanitätsdienstes der bewaffneten
Streitkräfte im Sinne des Artikels 26 des Ersten Genfer Abkommens von 1949.
Dies entspricht dem Selbstverständnis und der völkerrechtlichen Verpflichtung
der genannten Organisationen.
Die Versorgung der Zivilbevölkerung,
der Streitkräfte und der Staats- und Regierungsorgane steht in der KZV und
den gesetzlichen Vorgaben (siehe zum Beispiel Abschnitt 7.1 der KZV und § 6
Absatz 3 der Verordnung über die Feststellung und Deckung des Arbeitskräftebedarfs
nach dem Arbeitssicherstellungsgesetz – ArbSV, § 12 Absatz 1 des Gesetzes
über die Bevorratung mit Erdöl und Erdölerzeugnissen – ErdölBevG, § 1 der
Verordnung zur Sicherstellung des Eisenbahnverkehrs – EVerkSiV, § 1 der Verordnung
zur Sicherstellung des Luftverkehrs – Luft-VerkSiV, § 1 Absatz 1 des
Gesetzes zur Sicherstellung des Verkehrs – VerkSiG) ausdrücklich gleichrangig
nebeneinander.
In der Bundesrepublik Deutschland hat sich die Versorgung der Bevölkerung
durch die privatwirtschaftlich organisierte Wirtschaft als stabil und zuverlässig
erwiesen. Dessen ungeachtet sind Ereignisse, die zu Störungen oder Ausfällen der
gewohnten Versorgungsabläufe führen können, nicht auszuschließen. Die Bundesregierung
lässt jährlich szenario-basierte Risikoanalysen erstellen, die Aufschluss
über potentielle Gefahren und deren mögliche Auswirkungen u. a. auf die
Versorgung mit Lebensmitteln geben und dem Bundestag zur Kenntnis gegeben
werden. Wie die Ergebnisse der Risikoanalyse Bevölkerungsschutz Bund zeigen,
müssen Szenarien wie der Ausfall der Stromversorgung, Erkrankungswellen und
die Freisetzung von radioaktiven Stoffen als mögliche Risiken der Versorgungssicherheit
mit Lebensmitteln in Betracht gezogen werden, wenngleich die Eintrittswahrscheinlichkeit
als gering einzustufen ist. Entsprechend muss sich die
Vorsorgeplanung ausrichten. Die Vorsorgeplanung zur Sicherung der Lebensmittelversorgung
beruht gemäß Grundprinzipien und strategischen Schutzzielen der
KZV sowie dem Grundgedanken des § 1 des Gesetzes über den Zivilschutz und
die Katastrophenhilfe des Bundes (ZSKG) auf drei Komponenten. Dies sind zunächst
die eigenen Schutzvorkehrungen der Lebensmittelwirtschaft, staatliche
Maßnahmen wie z. B. die bundeseigene Nahrungsmittelreserve sowie Vorsorgemaßnahmen
der Bevölkerung in Form eines individuellen Lebensmittelvorrats im
Haushalt für einen Zeitraum von 10 Tagen. Die KZV stellt bewusst auf einen „individuellen“
Vorrat ab, da der Vorrat den jeweiligen persönlichen Ernährungsgewohnheiten
und Ernährungserfordernissen entsprechen sollte. In diesem Zusammenhang
sind die vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
(BBK) schon seit vielen Jahren herausgegebenen Empfehlungen hinsichtlich der
Zusammensetzung des Vorrats als Beispiel für einen sinnvoll zusammengestellten
Grundvorrat zu verstehen, der mit ca. 2 200 kcal pro Tag den in der Regel
erforderlichen Gesamtenergiebedarf abdeckt. Im Beispiel sind die ausgewiesenen
Vorratsmengen auf eine Reichweite von 14 Tagen ausgelegt; dieser Zeitraum orientiert
sich nicht an dem vorgenannten 10-Tages-Zeitraum als Ausfalldauer, sondern
an einer die eigene Unabhängigkeit sowohl in der Beschaffung von Nahrungsmitteln
als auch in der Auswahl und Zusammensetzung der Ernährung sichernden
privaten Vorratshaltung.
Hinsichtlich weitergehender Informationen zur Lebensmittelbevorratung im
Haushalt verweist das BBK auf das Internetportal des Bundesministeriums für
Ernährung- und Landwirtschaft www.ernaehrungsvorsorge.de. Das Informationsportal
zur Ernährungsvorsorge steht interessierten Bürgerinnen und Bürgern
bereits seit dem Jahr 2004 zur Verfügung.
Sie können dort u. a. mittels eines Vorratskalkulators (www.ernaehrungsvorsorge.
de/private-vorsorge/notvorrat/vorratskalkulator/) detaillierte Beispiellisten mit handels- und haushaltsüblichen Lebensmitteln zur Bevorratung abrufen, so z. B.
für eine Bevorratungsreichweite von 10 Tagen entsprechend KZV-Empfehlung.
Die in der KZV beschriebene Eigenvorsorge richtet sich allgemein an die Bevölkerung
und ist – in Übereinstimmung mit § 1 ZSKG – als ein zusätzliches, die
staatlichen Maßnahmen unterstützendes Element der Krisenvorsorge ausgestaltet.
Konkrete Pflichten oder Obliegenheiten, die zwingend höhere Verbrauchsausgaben
bedingen, regelt das Konzept dagegen nicht. Daher ist eine Anpassung
existenzsichernder Leistungen – da sie allein der gegenwärtigen Bedarfsdeckung
dienen – nicht geboten.
Entscheiden sich Haushalte, die Empfehlungen der KZV zur Eigenvorsorge nicht
umzusetzen, oder sind sie hierzu finanziell nicht in der Lage, so ist es dennoch
Aufgabe des Staates, bei Versorgungskrisen ursachenunabhängig den lebensnotwendigen
Bedarf der gesamten Bevölkerung sicherzustellen.
Entscheiden sich Haushalte dafür, die Empfehlungen des KZV zur Eigenvorsorge
– beispielsweise Anschaffung eines persönlichen Vorrats an Lebensmitteln
– umzusetzen, so treffen sie eine privatautonome Entscheidung, inwieweit
sie ihr begrenztes Einkommen und Vermögen zur Deckung aktueller, künftiger
oder unsicher eintretender Bedarfslagen verwenden. Treffen Haushalte unterer
Einkommensgruppen, die der Ermittlung und Festsetzung der Regelbedarfe zugrunde
liegen, künftig in stärkerem Umfang als bislang die Entscheidung, Vorräte
zur Eigenvorsorge anzuschaffen, so würde sich dieses geänderte Konsumverhalten
auch auf die mittels Einkommens- und Verbrauchsstichprobe erhobenen regelbedarfsrelevanten
Verbrauchsausgaben auswirken und könnte zu einer entsprechenden
Erhöhung existenzsichernder Leistungen führen.
Entsprechend den Ausführungen in der KZV sichert die staatliche Trinkwassernotversorgung
nach den Vorgaben des Wassersicherstellungsgesetzes und der zu
seiner Konkretisierung erlassenen Rechtsvorschriften die Minimalversorgung mit
Trinkwasser über autarke Brunnen und Quellen für mindestens 14 Tage. Dieser
Zeitraum beruht auf den Annahmen, dass mit einer Teilwiederherstellung der leitungsgebundenen
Wasserversorgung oder ihrer Substituierbarkeit durch andere
Maßnahmen gerechnet werden kann. Ergänzend zu dieser staatlichen Notversorgung
soll die Bevölkerung durch geeignete Maßnahmen angehalten werden, zur
Eigen-/Erstversorgung bis zur Installation staatlicher Einzelmaßnahmen für einen
Zeitraum von fünf Tagen je zwei Liter Wasser pro Person und Tag in nicht gesundheitsschädlicher
Qualität vorzuhalten; hierbei geht es um Trinkwasser, mit
dem der tägliche Flüssigkeitsbedarf zunächst – ohne Inkaufnahme von Besorgungsvorgängen
– abgedeckt werden kann.
Demgegenüber befasst sich die Ernährungsnotfallvorsorge nicht primär mit einem
Ausfall des Trinkwasserversorgungsnetzes. Vielmehr geht es hier um Maß-
nahmen zur Bekämpfung einer möglichen Versorgungskrise, d. h. eines Ausfalls
der privaten Strukturen der Lebensmittelversorgungskette. Die in den beiden Bereichen
jeweils empfohlenen privaten Vorsorgemaßnahmen stehen ergänzend zueinander.
Im Rahmen der in der KZV vorgesehenen Überprüfung der einzelnen
Vorschriften wird die Bundesregierung bestrebt sein, Missverständnissen aufgrund
vermeintlicher Wertungswidersprüche durch entsprechende Erläuterungen
vorzubeugen und bei tatsächlichen Wertungswidersprüchen die entsprechenden
Empfehlungen zu harmonisieren.
Hinweise zur Bevorratung von Futtermitteln für Haustiere sind unter
www.ernaehrungsvorsorge.de/private-vorsorge/empfehlungen-tipps/allgemeineempfehlungen/
enthalten, und in der Broschüre „Katastrophenalarm“ des BBK
wird auf Seite 11 auch auf den Bedarf für Haustiere hingewiesen. Dieser ist aber
nicht spezifiziert, weil aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher Haus- und Nutztiere
nur die Tierhalter selbst artgerechte Vorsorge planen können.
Das Bundesministerium der Verteidigung hat mit dem Deutschen Roten Kreuz
eine Kooperationsvereinbarung und mit der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk
sowie der Johanniter-Unfall-Hilfe Kooperationsprotokolle geschlossen, die
sich auf die Zusammenarbeit im In- und Ausland beziehen
Gemäß § 23 ZSKG stellt der Bund den Ländern für die gesundheitliche Versorgung
der Bevölkerung im Verteidigungsfall ergänzend Sanitätsmaterial zur Verfügung.
Das Material kann von den Ländern für ihre Aufgaben im Bereich des
Katastrophenschutzes eingeplant werden.
Das bevorratete Sanitätsmaterial ist für Schadenslagen mit einer hohen Anzahl
von Verletzten konzipiert, in denen es zu Engpässen in der Versorgung mit den
notwendigen Arzneimitteln und Medizinprodukten kommen kann.
Es deckt inhaltlich folgende Therapiebereiche ab:
Volumensubstitution,
Analgesie/ Analgosedierung,
Chirurgische Erstversorgung/ Stabilisierung,
Infektionsprophylaxe,
Versorgung von Leichtverletzten
und berücksichtigt alle Sichtungskategorien (I-lebensbedrohlich verletzt,
II-schwer verletzt, III-leicht verletzt). Das Material kann sowohl in einer Klinik
als auch an einem Schadensort eingesetzt werden, um 250 Patienten über einen
Zeitraum von drei Tagen zu versorgen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen