Die Ratingbranche wird derzeit von drei US-Unternehmen (S&P, Moody‘s und Fitch) mit globaler Marktabdeckung aller Anlageklassen (Unternehmensanleihen, Staatsanleihen, SFI und gedeckte Schuldverschreibungen und einem kumulierten relativen Marktanteil in der EU von annähernd 92 % beherrscht.
Obgleich neue Unternehmen den Eintritt in den europäischen Ratingmarkt - welcher sich derzeit aus 26 registrierten und vier zertifizierten Ratingagenturen zusammensetzt - vollzogen haben, bewerten die meisten der kleineren Ratingagenturen nur eine begrenzte Zahl an Anlageklassen, und ihre grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeiten und ihre geografische Reichweite sind eingeschränkt.
Die oligopolistische und hochkonzentrierte Struktur der Ratingbranche - sowohl insgesamt als auch Einzelproduktebene - legt die Vermutung nahe, dass die größten, global agierenden Ratingagenturen grundsätzlich in der Lage sind, ihre Marktmacht gewinnbringend einzusetzen, um eine Anhebung der Preise oberhalb des Wettbewerbsniveaus zu erzielen oder um die Auswahlmöglichkeiten der angebotenen Dienstleistungen einzuschränken bzw. ihre Qualität zu senken.
Alle Ratingagenturen fungieren als Plattform, die Zugang zu einem Netzwerk aus Emittenten und Anlegern gewährt, und in der Angebot und Nachfrage in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Emittenten ziehen es vor, auf jene Ratingagenturen zurückzugreifen, die von der größten Zahl maßgeblicher Anleger anerkannt werden, und Anleger wollen Ratingagenturen heranziehen, die jene Emittenten und Instrumente bestmöglich abdecken, für die sie sich interessieren.
Ungeachtet der 2013 in die Ratingagenturen-Verordnung aufgenommenen Änderungen war bei einer Bewertung auf Grundlage der ausschließlich im Ratinggeschäft erzielten Umsatzerlöse insgesamt ein leichter Anstieg des Konzentrationsgrads im Ratingmarkt festzustellen. Bewertungen des Marktanteils, die auf den Gesamterträgen (Erträge aus Ratingdienstleistungen und Nebendienstleistungen) beruhen, weisen im Vergleich zu solchen, die sich ausschließlich auf Erlöse aus Ratingdienstleistungen stützen, niedrigere Konzentrationsgrade auf. Allerdings wird die Berechnung der Marktanteile auf Grundlage der Gesamterlöse durch das Fehlen einer allgemein anerkannten Definition und Behandlung von „Nebendienstleistungen“ erschwert.
Hieraus könnte geschlossen werden, dass Nebendienstleistungen für kleinere Ratingagenturen von Bedeutung sind, während sich größere Ratingagenturen stärker auf Erlöse aus dem Ratinggeschäft stützen. Im Hinblick auf Rating-Formen ist außerdem die Marktkonzentration bei Unternehmensanleihen angestiegen (höchste Marktkonzentration), während sie bei Länderratings und SFI gesunken ist.
Die Mehrheit der Emittenten neigt dazu, anstelle einer Vielzahl an Ratingagenturen
lediglich eine oder zwei in Anspruch zu nehmen, und ihre Auswahl wird wesentlich
von der Akzeptanz der Ratingagentur vonseiten der Anleger, Aufsichtsbehörden und
Zentralbanken bestimmt. Darüber hinaus scheint es, als erhielten Ratingagenturen
mit einem globalen Abdeckungsgrad deutlich den Vorzug, worin sich die Tatsache
spiegelt, dass Reputation innerhalb der Ratingbranche von ausschlaggebender
Bedeutung ist. Allem Anschein nach hängt die Wahl der Ratingagentur in hohem
Maß von ihrem Bekanntheitsgrad ab.
Ein stark konzentrierter Markt stellt ein Risiko für die Stabilität des Finanzsystems
dar, wenn Ratingagenturen ihr Verhalten untereinander beobachten und mit der
Veröffentlichung ähnlicher Beurteilungen der Bonität der Emittenten reagieren, wie
es im Rahmen der letzten Finanz- und Staatsschuldenkrise zu beobachten war.
Hinsichtlich der aufsichtsrechtlichen Barrieren hat sich der Europäische Verband der
Ratingagenturen (EACRA) besorgt über den Ausschluss der Mehrheit der
registrierten Ratingagenturen von der im Rahmenwerk für Bonitätsbeurteilungen im
Eurosystem (ECAF) im Hinblick auf die Annahme von Sicherheiten verwendeten
Liste externer Ratingagenturen (external credit assessment institutions, ECAI) gezeigt, da hierdurch Wettbewerb unterdrückt werden könnte . ECAI müssen
tatsächlich mehrere operationale Kriterien erfüllen und einschlägige
Abdeckungsgrade aufweisen: Insbesondere müssen sie die Anforderungen an den
Mindestabdeckungsgrad erfüllen, die im Eurosystem im Hinblick auf die bewerteten
Vermögenswerte, Emittenten und Volumina innerhalb der zulässigen Anlageklassen
und der Länder des Euro-Währungsgebiets festgelegt wurden. Infolgedessen werden
gegenwärtig von der EZB nur Ratingagenturen als ECAI anerkannt, die für das
Finanzsystem von systemischer Bedeutung sind, nämlich S&P, Moody‘s, Fitch und
DBRS – und hierdurch könnte der Wettbewerb im Ratingmarkt eingeschränkt
werden. Wie in der technischen Beratung der ESMA ausgeführt wird, bleiben
Ratings im Rahmen der von einigen Zentralbanken in der EU verwendeten
Bewertungsrahmen für Sicherheiten ein Faktor mit erheblichen Auswirkungen auf die
internen Bewertungsverfahren der Finanzmarktteilnehmer. Ein Weg zur
Abschwächung dieser Marktzutrittsbarriere bestünde in der Verminderung des
Rückgriffs auf Ratings innerhalb des Rahmenwerks für Bonitätsbeurteilungen im
Eurosystem (ECAF) der EZB.
Das allgemeine Ziel der Änderungen, die 2013 im Hinblick auf Wettbewerb in die
Ratingagenturen-Verordnung aufgenommenen wurden, war es, den Wettbewerb
zwischen Ratingagenturen zu stärken und die Inanspruchnahme kleinerer
Ratingagenturen zu fördern. Die genannten Änderungen umfassten insbesondere ein
obligatorisches doppeltes Rating für SFI als Anreiz, im Falle eines
doppelten Ratings zumindest eine kleine Ratingagentur zu beauftragen.
Gemäß Artikel 8c sind Emittenten verpflichtet, doppelte Ratings für SFI in Auftrag
zu geben, um ein unabhängiges zweites Rating zu gewährleisten.
Diese Bestimmung würde sich nur dann auf den Markt auswirken, wenn das zweite
Rating veröffentlicht oder Anlegern kenntlich gemacht wird; In diesem Fall wären
Anleger und Emittenten in der Lage, Ratings zum selben Finanzinstrument zu
vergleichen.
So würden die zur Aufrechterhaltung einer hohen Reputation
aufzubringenden Kosten steigen, da große Unterschiede zwischen den Bewertungen
verschiedener Ratingagenturen Zweifel an der Qualität der Ratings selbst aufkommen
lassen könnte.
Wenn Anlegern darüber hinaus bekannt ist, dass Emittenten ein zweites Rating
einholen müssen, fordern sie möglicherweise seine Veröffentlichung ein, auch wenn
dies gesetzlich nicht erforderlich ist. Folglich würden Finanzinstrumente, zu denen
keine zweite Bewertung offengelegt wurde, möglicherweise als minderwertig
wahrgenommen werden.
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