Montag, 24. Oktober 2016

Die EU und die Sache mit dem Mehrwertsteuerbetrug


Als die Kommission 2012 ihren Vorschlag für eine PIF-Richtlinie vorlegte, vertrat die Mehrheit der Mitgliedstaaten die Auffassung, dass Mehrwertsteuerbetrug vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen werden sollte. Das wichtigste Argument (außer Argumenten bezüglich der Zuständigkeiten der EU und der Mitgliedstaaten im Bereich des Steuerrechts) stützte sich auf die fehlende Verhältnismäßigkeit: Nach Ansicht einiger Mitgliedstaaten war es nicht erforderlich, diesen Schutz auf EU-Ebene festzulegen, da nur ein sehr kleiner Teil der von den nationalen Steuerbehörden eingenommenen Mehrwertsteuer an den Haushalt der EU überwiesen wird und nationale Schutzmechanismen bereits vorhanden sind.

Der Gerichtshof erließ jedoch am 8. September 2015 sein Urteil in der Rechtssache C-105/14, Ivo Taricco u. a. und vertrat darin die Rechtsauffassung, dass die Mehrwertsteuer eine Einnahmequelle für den EU-Haushalt darstellt. Angesichts dieser Entscheidung erklärte das Europäische Parlament, dass es die PIF-Richtlinie nur dann unterstützen wird, wenn der Mehrwertsteuerbetrug in ihren Anwendungsbereich aufgenommen wird.

Im Jahr 2013 legte die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung über die Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (Verordnung über die Europäische Staatsanwaltschaft) vor, um das Problem des unwirksamen Schutzes der finanziellen Interessen der Union anzugehen. Die sachliche Zuständigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft sollte aber in der PIF-Richtlinie festgelegt werden. Das Europäische Parlament wies darauf hin, dass es die Verordnung über die Europäische Staatsanwaltschaft nur unter der Bedingung unterstützen wird, dass der Mehrwertsteuerbetrug in den Anwendungsbereich der PIF-Richtlinie aufgenommen wird.

Unter den vorhergehenden Vorsitzen äußerten viele Mitgliedstaaten wiederholt Bedenken wegen einer potenziellen indirekten Harmonisierung im Bereich der Besteuerung, potenziellen Verlusten von Mehrwertsteuereinnahmen sowie der Tatsache, dass die Aufnahme von Mehrwertsteuerbetrug in den Anwendungsbereich der PIF-Richtlinie in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Struktur, der Organisation und der Funktionsweise ihrer Steuerverwaltungen eingreifen würde.

 Auf der informellen Tagung der Justiz- und Innenminister vom 8. Juli 2016 bekräftigte eine große Mehrheit der Minister den Wunsch, die Europäische Staatsanwaltschaft zu errichten und zumindest einige Aspekte von Mehrwertsteuerbetrug in ihre sachliche Zuständigkeit zu legen – unter der Bedingung, dass bestimmte technische Änderungen und Klarstellungen aufgenommen werden.

 Die Zuständigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft würde sich auf die schwersten Fälle beschränken, zu denen z. B. grenzüberschreitender MehrwertsteuerKarussellbetrug, Missing-Trader-Mehrwertsteuerbetrug innerhalb der EU, von Strukturen der organisierten Kriminalität ausgeübter Mehrwertsteuerbetrug oder Fälle ab einem bestimmten Schwellenwert zählen würden. Später wurden auf technischer Ebene häufig Schwellenwerte von 1, 3, 5 und 10 Millionen genannt. Es sei darauf hingewiesen, dass der Gesamtschaden im Sinne des Strafrechts als fällige (Mehrwert-)Steuer im finanzpolitischen Sinne zu verstehen ist.

Der CATS bekräftigte, dass der politische Wille für die Aufnahme von Mehrwertsteuerbetrug in den Anwendungsbereich der Richtlinie zunimmt, obwohl immer noch ein Bedarf an weiteren technischen Klarstellungen besteht und einige Mitgliedstaaten sich weiterhin gegen die Aufnahme von Mehrwertsteuerbetrug in die PIF-Richtlinie aussprechen.


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