Donnerstag, 27. Oktober 2016

Mögliche Beschlagnahmung Bahn AG

Das Oberlandesgericht Florenz hat in einer Entscheidung vom 18. August 2016 (Sentenza n. 1334) entschieden, den Klageantrag der Bundesregierung zur Aufhebung des Exequatururteils n. 1696/2008 zurückzuweisen, mit dem die Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Deutschen Bahn AG zur Entschädigung von NS-Opfern betrieben wird.

In dem Verfahren ging es um die Opfer des SS-Massakers von Distomo. In der griechischen Ortschaft hatte die SS am 10. Juni 1944 218 Einwohner ermordet. Den Überlebenden bzw. Angehörigen hatten griechische Gerichte Entschädigung in Höhe von rund 37,5 Millionen D-Mark zugesprochen. Weil die Bundesregierung diese Urteile nicht anerkennt und den Opfern jegliche Entschädigung verweigert, begehren diese nun in Italien die Vollstreckung ihrer Ansprüche.

Dazu hatten sie beantragt, dass deutsches Staatsvermögen beschlagnahmt wird. Auch die Deutsche Bahn AG hatte sich vor dem Oberlandesgericht Florenz dem Wiederaufnahmeantrag der Bundesregierung gegen die mögliche Heranziehung ihres Vermögens angeschlossen. Dieser Antrag wurde zurückgewiesen, so dass nunmehr nach Angaben des Rechtsanwalts der Klägerinnen und Kläger, Dr. Joachim Lau, gegenüber den Fragestellerinnen und Fragestellern, die Vollstreckung gegen das Bahnvermögen fortgesetzt werden kann.

Der Internationale Gerichtshof hat zwar auf Antrag der Bundesregierung am 3. Februar 2012 Urteile der italienischen Justiz, die Deutschland zu Entschädigungszahlungen verpflichtet hatten, als Verstoß gegen die sog. Staatenimmunität bezeichnet, das italienische Verfassungsgericht hat aber in seiner Entscheidung n. 238 aus dem Jahr 2014 klargestellt, dass die Staatenimmunität nicht im Falle von schweren Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gilt. Es hat vielmehr dem verfassungsmäßig geschützten Recht der Opfer auf gerichtliche Überprüfung ihrer Rechte Geltung verschafft.

Es handelt sich erneut um ein Urteil, das die Staatenimmunität Deutschlands verletzt.Die Bundesregierung hatte Rechtsmittel gegen das Urteil des Berufungsgerichts Florenz vom 13. Juni 2006 eingelegt. Eine andere als juristische Beteiligung an dem Verfahren bestand nicht.

Nach dem Urteil des italienischen Verfassungsgerichtshofs vom 22. Oktober 2014 hat die Deutsche Bahn AG beantragt, die oben genannten Verfahren für erledigt zu erklären. Grundlage für die ursprünglich beantragte Aufhebung der italienischen Urteile war das Gesetz Nr. 5 vom 14. Januar 2013. Dieses ist vom italienischen Verfassungsgerichthof für verfassungswidrig erklärt worden.
Die italienischen Urteile, die das griechische Urteil zugunsten der Vollstreckungskläger in Italien für vollstreckbar erklärt haben, haben formal weiterhin Bestand.

Nach Kenntnis der Bundesregierung wurde kein Vermögen der Deutschen Bahn AG beschlagnahmt. Im Herbst 2014 war ein Vollstreckungsverfahren gegen das Vermögen der Deutschen Bahn AG eingeleitet worden. Dieses Verfahren wurde vom Kassationsgerichtshof in Rom ausgesetzt. Eine Entscheidung des Kassationsgerichtshofs steht noch aus.

Es haben hochrangige Gespräche stattgefunden, deren Fortsetzung beschlossen wurde. Die italienische Regierung hat erneut bestätigt, dass die Generalstaatsanwaltschaft (Avvocatura dello stato) zugunsten der Bundesrepublik Deutschland interveniert.



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