Das Oberlandesgericht Florenz hat in einer Entscheidung vom 18. August 2016
(Sentenza n. 1334) entschieden, den Klageantrag der Bundesregierung zur Aufhebung
des Exequatururteils n. 1696/2008 zurückzuweisen, mit dem die
Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Deutschen Bahn AG zur Entschädigung
von NS-Opfern betrieben wird.
In dem Verfahren ging es um die Opfer
des SS-Massakers von Distomo. In der griechischen Ortschaft hatte die SS am
10. Juni 1944 218 Einwohner ermordet. Den Überlebenden bzw. Angehörigen
hatten griechische Gerichte Entschädigung in Höhe von rund 37,5 Millionen
D-Mark zugesprochen. Weil die Bundesregierung diese Urteile nicht anerkennt
und den Opfern jegliche Entschädigung verweigert, begehren diese nun in Italien
die Vollstreckung ihrer Ansprüche.
Dazu hatten sie beantragt, dass deutsches
Staatsvermögen beschlagnahmt wird.
Auch die Deutsche Bahn AG hatte sich vor dem Oberlandesgericht Florenz dem
Wiederaufnahmeantrag der Bundesregierung gegen die mögliche Heranziehung
ihres Vermögens angeschlossen. Dieser Antrag wurde zurückgewiesen, so dass
nunmehr nach Angaben des Rechtsanwalts der Klägerinnen und Kläger,
Dr. Joachim Lau, gegenüber den Fragestellerinnen und Fragestellern, die Vollstreckung
gegen das Bahnvermögen fortgesetzt werden kann.
Der Internationale Gerichtshof hat zwar auf Antrag der Bundesregierung am
3. Februar 2012 Urteile der italienischen Justiz, die Deutschland zu Entschädigungszahlungen
verpflichtet hatten, als Verstoß gegen die sog. Staatenimmunität
bezeichnet, das italienische Verfassungsgericht hat aber in seiner Entscheidung
n. 238 aus dem Jahr 2014 klargestellt, dass die Staatenimmunität nicht im
Falle von schweren Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit
gilt. Es hat vielmehr dem verfassungsmäßig geschützten Recht der Opfer
auf gerichtliche Überprüfung ihrer Rechte Geltung verschafft.
Es handelt sich erneut um ein Urteil, das die Staatenimmunität Deutschlands verletzt.Die Bundesregierung hatte Rechtsmittel gegen das Urteil des Berufungsgerichts
Florenz vom 13. Juni 2006 eingelegt. Eine andere als juristische Beteiligung an
dem Verfahren bestand nicht.
Nach dem Urteil des italienischen Verfassungsgerichtshofs vom 22. Oktober
2014 hat die Deutsche Bahn AG beantragt, die oben genannten Verfahren für erledigt
zu erklären. Grundlage für die ursprünglich beantragte Aufhebung der italienischen
Urteile war das Gesetz Nr. 5 vom 14. Januar 2013. Dieses ist vom italienischen
Verfassungsgerichthof für verfassungswidrig erklärt worden.
Die italienischen Urteile, die das griechische Urteil zugunsten der Vollstreckungskläger
in Italien für vollstreckbar erklärt haben, haben formal weiterhin
Bestand.
Nach Kenntnis der Bundesregierung wurde kein Vermögen der Deutschen Bahn
AG beschlagnahmt. Im Herbst 2014 war ein Vollstreckungsverfahren gegen das
Vermögen der Deutschen Bahn AG eingeleitet worden. Dieses Verfahren wurde
vom Kassationsgerichtshof in Rom ausgesetzt. Eine Entscheidung des Kassationsgerichtshofs
steht noch aus.
Es haben hochrangige Gespräche stattgefunden, deren Fortsetzung beschlossen
wurde. Die italienische Regierung hat erneut bestätigt, dass die Generalstaatsanwaltschaft
(Avvocatura dello stato) zugunsten der Bundesrepublik Deutschland
interveniert.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen